Steampunk-Larp und fetter Nachconblues

Heute vor einer Woche ging es auf nach Elbtal, um an einem Event teilzunehmen, das mich nachhaltig beeindrucken sollte. Hier mal mein Review, das ich auch ins LarpeR.ning und in der entsprechenden Facebook-Gruppe geteilt habe.

Mein erster richtiger Steampunk-Con und ein definitiv würdiger Saisonabschluss. Es hallen immer noch so unglaublich viele Dinge nach…

Kurze Zusammenfassung
Es war großartig. Ich verneige mich vor der Orga, die es geschafft hat, vier Tage so zu gestalten, dass man sich wirklich wie im Jahre 1901 fühlte. Ich verneige mich vor den NSCs, die das bespielte Anwesen mit so viel Leben füllten. Ich verneige mich vor der gesamten Spielerschaft, die durch hervorragendes Spiel sämtliche Charaktere mit so unglaublich viel Leben füllten.
Ich bin sehr dankbar, dass ich ein Teil davon sein durfte.
Nun aber en Detail:

Location
Burg Waldmannshausen in Elbtal im Westerwald ist mir nicht unbekannt. Mein erster richtiger DSA-Con fand dort statt, die Garetien&Greifenfurt-Briefspiel-Konvente sind dort, ich habe dort bereits eine Magierakademie bespielt und nun noch ein weiterer Con, diesmal in einem völlig anderen Zeitalter.
Ich mag die Location. Sie ist wandelbar, sauber, das Essen ist nach meinem Befinden für ein Landschulheim in Ordnung, ich hab nie hungern müssen. Die Betten sind für mich gut und die sanitären Anlagen vollkommen ok.

NSC
Wenige, aber ganz formidabel ausgesucht. Dem Herrn Moorfeld (dem Besitzer des Anwesens) hat man den Antagonisten wunderbar abgenommen. Leicht schmierig, extrem fies und sehr hochnäsig. Fantastisch.
Viktor (der private Kammerherr des Herrn Moorfeld) war ebenfalls grandios. Allein die Tatsache, dass er die Zeitreisende am ersten Abend zu bedienen vergessen hatte, ließ mich denken, dass es Absicht war. Ich gehörte halt nicht in die Zeit…
Ebenso anfangs die Zimmerverteilung. Da auch falsch einsortiert. Fantastisch.

SL
Immer da, wenn man sie brauchte, aber nie unangenehm im Vordergrund. Durch die Klamotten wunderbar ins Setting eingefügt. Chapeau, Ihr habt eine fantastische Leitung in Sachen Orga und Spiel abgeliefert. Die Charakterbeschreibungen und Verknüpfungen waren unglaublich rund. Jeder hatte seine eigene Motivation, auf dem Anwesen aufzutauchen. Unglaublich viel und herzlichen Dank dafür, dass Ihr diesen Con realisiert habt!!

Mein Charakter
Ich spielte eine Anwältin namens Barbara von Belderbusch. Schwer verliebt und verlobt trat ich eine Reise an, die nur dazu dienen sollte, meinen Verlobten vor dem sicheren Tod zu retten. Er kam im ersten Weltkrieg um und ich entschied, dass das nicht sein soll, suchte mir einen Wissenschaftler, der mir Namen nannte und mich aus dem Jahr 1916 ins Jahr 1901 zurück schickte, um eben diesen ersten Weltkrieg zu verhindern.

Plot
Viele Anwesende, außer mir (von mir wusste der Gastgeber nix, ich musste mich reinmogeln), wurden unter fadenscheinigen Gründen auf das Anwesen des Alaister Moorfeld geladen.
Der wahre Grund war jedoch, dass seine Tochter Aurelia mit einem Fluch belegt war und wir ihm helfen sollten, eine Lösung dafür zu finden, zumal wir ja selbst nun betroffen waren, nachdem der Gastgeber so nett war und jedem Anwesenden die Ansicht einer Kette direkt aufdrängte. Seine Tochter hatte Herr Moorfeld vorsorglich in einen Keller fest eingesperrt, da er sie als Gefahr ansah (was sich später auch noch zeigen sollte).
Die Kette war vor zwei Jahren in einer mesopotamischen Kanope auf das Anwesen gekommen und durch dummen Zufall hat Aurelia die Kanope zerbrochen und diese Kette fiel heraus. Die Kette war verflucht oder zumindest irgendwie dunkel beseelt und hat verschiedene Anwesende im Laufe des Cons in seinen Bann gezogen. Darunter eine Juwelierin, die das Ding gar nicht mehr loslassen wollte. Das war dann der Moment, wo mir das Teil in die Hände fiel und ich es versteckte, bis sie wieder benötigt wurde.
Alaister Moorfeld hatte eine kleine hübsche Sammlung an Kuriositäten angehäuft, darunter auch ein Sarkophag, der mittels eines Generators eisgekühlt wurde. Leider fiel der Generator durch Manipulation später aus und wir sahen uns mit einer Art Eismumie konfrontiert, die uns auffressen wollte (ob das nun auch mit der verfluchten Kette zu tun hatte, kann ich leider gar nicht so wirklich sagen).
In diesem Zuge musste leider der gute Viktor sein Leben lassen. Allerdings war er es auch, der den Generator anhielt und uns in diese missliche Lage brachte. Während er draußen wie ein Irrer herumlief und Leute wahllos anfiel, rief er auch immer wieder einen Namen: Aurelia.
Damit war klar, dass dieses komische Wesen-Entitäten-Dings aus der Kette auch Einfluss auf ihn hatte.
Viktor und die Mumie wurden überwältigt und getötet, was uns eine kleine Verschnaufpause verschaffte.
Am nächsten Tag waren die Bruchstücke der alten Kanope analysiert, so dass zur Tat geschritten werden konnte. Eine Gruppe fertigte aus Lehm eine neue Kanope an, unser Rabbi Levy Schächter übernahm die Rolle desjenigen, der die Kanope versiegeln sollte und entwickelte ein Ritual, bei dem ich als Handreichung (da ich die Kette überbrachte) teilnehmen konnte.
Leider sollten wir feststellen, dass das Ritual nicht ganz vollständig gewesen ist, denn die Entität belästigte uns immer noch und wir mussten noch einmal in den mittlerweile verbarrikadierten Keller, um das Ritual erneut und diesmal vollständig vorzunehmen. Leider war mittlerweile einer der Ritualteilnehmer durch missliche Umstände, nämlich eine wild gewordene und aus ihrem Gefängnis ausgebrochene Aurelia, ums Leben gekommen war. Da ich zuvor bereits an dem Ritual teilgenommen hatte, durfte ich dieses Mal die „freigewordene Stelle“ einnehmen und meinen Teil dazu beitragen, dieses Ding endgültig aus der Welt zu tilgen.
Einige Dinge habe ich nur am Rande mitgekriegt, wie bspw. unseren Ingenieur, der mit einer Maschine Strahlungswellen zu Tönen machte und ein wirklich gruseliges Mischmasch an Geräuschen und Musik fabrizierte (sehr geil gemacht von der Orga). Ich habe zwar mal daneben gesessen, aber so wirklich etwas damit anfangen konnte ich nicht. Das lag aber eher an mir als an dem Spielangebot.
Im Laufe des Cons konnte ich meinen persönlichen Plot sogar noch lösen. Ich hatte im stillen Kämmerlein mit Anton Adler/Artjom Orlow (einer der Namen, der mir von dem Wissenschaftler meiner Zeit genannt wurde und den ich fast vergessen hatte, Zeitreisen machen vergesslich) einen Deal abgeschlossen und einem Armreif an mich gebracht, dessen Gestein (nämlich Jade) für den Betrieb der Zeitmaschine benötigt wird, mit der ich gereist bin. Schade, dass der gute Anton starb. Der Deal war großartig, denn der kleine Hehler hätte mir regelmäßig Bericht erstattet, womit er handelt und mit wem, da er nämlich kein wirkliches Interesse daran hatte, Urheber eines Weltkrieges zu sein. Zumindest konnte ich durch mein Eingreifen diesen Krieg verhindern und meinem Verlobten das Leben retten. Allerdings werde ich Ruprecht niemals wieder sehen, denn Zeitreisen bedeutet auch, um die Jahre zu altern, die man reist. Und es gibt niemanden, der 1901 bereits eine Zeitmaschine gebaut hat.
Aber wer weiß, ob nicht gerade eine Anwältin und ein Inspektor auf der Suche nach einem ungarischen Wissenschaftler namens Bánki sind, um den Tod der Familie des Inspektors zu verhindern…

Highlights
Unser Rabbi hat mir am ersten Abend echt einen Schrecken eingejagt. Aus Köln. Scheiße. Wenn der mitkriegt, wer ich bin und wer mein Verlobter ist, hab ich ein echtes Problem und werde nicht mehr ernst genommen. Krasser Moment. Und das direkt am ersten Abend beim Essen… Da wusste ich noch nicht, dass unser Rabbi ebenfalls ein dunkles Geheimnis hatte. Unser Rabbi war nämlich eigentlich eine Frau.

Ich hatte anfangs zudem echt das Problem, dass ich nicht so recht wusste, an wen ich mich dran hängen sollte. Dann traf ich den Inspektor Kurt Peschke, der aufgrund der persönlichen Sicherheit des Herrn Moorfeld eingeladen worden war und dachte: ‚Naja, Anwältin und Inspektor, das wird schon gehen. Der kann mir bei meiner Suche helfen.‘
Die Entscheidung, mich an diesen Charakter zu hängen, erwies sich als goldrichtig. Ich offenbarte noch in der ersten Nacht mein Geheimnis und gab dem Inspektor so eine theoretische Möglichkeit, seine Frau und seinen Sohn vor einem Attentat zu bewahren. Wir ergänzten uns auf dem Con wirklich gut. So gut, dass es schon fast gruselig war. Wir komplettierten und beendeten den Satz des Anderen oder sagten gleichzeitig das Gleiche. Ich muss dazu sagen, dass ich den Spieler vorher nicht kannte. Das ist alles auf dem Con passiert. Wahnsinn!!

Meine emotionalsten Momente waren definitiv am Samstag. Da gab es mehrere. Der erste war, als ich die Kette in den Keller trug, mir von Barnoom, einem Zirkusdirektor aus Amerika, eine Pistole in den Nacken gehalten wurde und ich dachte: ‚Scheiße, der bringt Dich jetzt um und haut mit dem Ding ab.‘ Dass ich unbeschadet unten ankam, war echt ein Glück.
Da gings aber auch direkt weiter. Ein singender Rabbi, sechs Leute drumherum, in einem Singsang versunken, die Kanope versiegelnd. Als ‚Handreichung‘ musste ich irgendwie da bleiben.
Nach und nach wurde die Situation immer intensiver da unten. Wir sanken in Verzweiflung auf die Knie, weil plötzlich der Sinn in unserem Tun zu schwinden begann. Das Gefühl wurde immer stärker und hat mich voll mitgerissen. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal auf’m Con geheult habe, aber diese Szene setzte den Zähler auf Anfang. Gänsehaut!!

Später die Szenen, die mit meinem Ruprecht zu tun hatten.
Meine Paranoia, dass ich das gesamte Haus einfach abbrenne, um meinen Ruprecht zu retten, ein Inspektor, der es mit einfachen Mitteln schaffte, mich vor dieser Tat zu bewahren und mich emotional auffing.
Die Meditation mit Ramesh (eigentlich ein Deutscher, der seine indischen Wurzeln gefunden hatte), ganz großes Kino. Ich habe die Szenen in meinem Kopf gesehen, die Emotionen gespürt, diese dunkle Entität voll wahrgenommen.
Gleiches später bei der Hypnose mit unserer Seherin Elise de Beldauxeau. Ich habe meinen toten Ruprecht auf dem Schlachtfeld liegen sehen. Im Schnee. Blut im Schnee, auf seiner Brust…
Es zittert noch alles in mir, wenn ich nur dran denke.
Die spätere zweite Szene im Keller hat mich ebenfalls von den Socken gehauen. Als Anne (eine unserer Orgas uns SL) plötzlich laut ‚NEIN!!‘ brüllte, schoss mir eine Gänsehaut von den Füßen bis zum Kopf und jagte mir wieder Tränen in die Augen.
Fantastisch!!

Fazit
Ich will zurück!! Ich hatte lange keinen Nachconblues mehr, dafür ist dieser umso heftiger. Ich spüre den am Sonntag abgezogenen Verlobungsring noch immer am Finger und ich sehne mich zurück zum Anwesen, um einfach weiterzuspinnen, was noch offen ist.
Vielen vielen Dank, dass Ihr alle dieses intensive Erlebnis ermöglicht habt und dass ich ein Teil davon sein durfte.

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