Und alles geht weiter – irgendwie…

Es gibt diese Tage, an denen ich mich zurückziehe und nachdenke. Über das, was mich bewegt, was mich ausmacht, wo ich stehe und welches meine nächsten Schritte sein werden.

Ich denke, ich hab, grade für die nächsten Wochen und Monate, einen guten Plan. Habe eine Richtung, in die ich gehe und ein Ziel, das ich erreichen möchte. All das hat mit viel Veränderung zu tun und Veränderungen, auch wenn sie gewollt sind, machen einem erstmal Angst.

Ich ziehe im Juni wieder zurück in meine alte Heimat und es fühlt sich für mich wie ein ’nach Hause kommen‘ an. Ich hab viele liebe Menschen, auf die ich mich dort freuen kann und darf mich glücklich schätzen, dass zu meinen Freunden, die ich schon sehr lange dort habe, noch weitere, mir sehr wertvolle Menschen hinzugekommen sind. Ich freu mich wirklich darauf, meine Heimreise anzutreten und mich dort wieder anzusiedeln, wo ich herkomme.

Und doch wird es anders sein.

Heute vor einem Jahr musste ich mich mit der Tatsache abfinden, dass ich meine Mama nicht mehr wiedersehen werde. Das tut nach wie vor weh und es gibt Tage, an denen komme ich besser damit klar, als an anderen. Es gibt die Momente, in denen denke ich viel an sie und andere, da ist sie nicht so präsent. Aber da ist sie immer und das wird sich vermutlich auch nicht ändern.

Sie fehlt mir.

Ein Kind ohne Mutter ist eine Blume ohne Regen.

~ Aus Indien ~

Kriseninterventionshilfe – oder: Was passiert da grad mit mir?

Es ist Mittwoch Abend, ich sitze auf meinem Bett im Tagungshotel und lasse grad die letzten Tage Revue passieren. Doch von vorne.

Ich hatte das große Glück, noch einen Platz für die Ausbildung als Kriseninterventionshelferin zu bekommen. Das sind die Leute, die Angehörige betreuen, die gerade einen Menschen verloren haben oder ein traumatisches Erlebnis hinter sich haben (bspw. Amoklauf o.ä.). Kriseninterventionshelfer kümmern sich um die körperlich unverletzten Leute, die zum Beispiel Augenzeugen oder Beteiligte bei einem Unfall waren.

Man fasst das auch gern unter dem Begriff ‚Psychosoziale Notfallversorgung‘, kurz PSNV, zusammen.

Ich bin seit Freitag Abend im DRK-Institut für Bildung und Kommunikation und lerne, wie man mit Betroffenen spricht, was zu beachten ist, wie ein Betreuungsgespräch ablaufen kann und vor allem, welche Themen da so vorkommen. Die Ausbildung selbst ist sehr spannend und vermittelt viele Dinge, die ich im Vorfeld nicht wusste, aber es gibt auch Themen, die nicht neu für mich sind.

Allerdings merke ich, dass die Themen, die wir behandeln, etwas mit mir machen. Sie bewegen mich und bewegen Dinge im Kopf, die für mich entweder vorher nicht da waren oder die grade Grenzen verschieben. Vor allem aber führen sie mir meine eigenen Grenzen grade sehr vor Augen. Und das ist gut und richtig.

Ich musste den Seminarraum am Montag zweimal verlassen, da ich von meinen eigenen Trauergefühlen, die natürlich noch da sind, überrollt wurde. Die Dauerbeschäftigung mit dem Thema Tod und Sterben führt dann doch dazu, dass manche Gedanken sich ihren Weg suchen und dann einfach akut da sind. Das ist aber völlig in Ordnung und wäre seltsam, wenn das nicht so wäre. Das erste Trauerjahr ist halt noch nicht vorbei und es ist halt noch recht ‚frisch‘, wenn man so will.

Das Gespräch mit dem Dozenten der Unterrichtseinheit, bei der ich den Raum verlassen hatte, hat mich kurz danach aufgesucht und kurz mit mir gesprochen. Das Feedback, das ich zum Umgang mit meiner eigenen Trauer bekommen habe, hat mir gut getan und mir gespiegelt, dass ich da einen guten Weg gefunden habe, damit umzugehen.

Der gestrige Tag war nochmal schwer, weil einfach in meinem Kopf so unglaublich viel passiert ist. Allerdings waren da, wenn auch teils zufällig, aber dadurch umso schöner, liebe Menschen, die mir in dem Moment einfach gut getan haben. Mit zweien konnte ich kurz sprechen, was mir im Herzen echt gut tat, ein dritter hat mir später schreibender Weise den Kopf frei gepustet. War in dem Moment genau richtig, weil ich heute morgen mit recht guter Laune aufgestanden bin. Meine positive Grundeinstellung war wieder ein Stück weit zurück und ich fühlte mich von den Themen nicht mehr so erdrückt.

Gut war heute auch der Teil zum Thema Achtsamkeit, Selbstreflexion und Psychohygiene. Das hat mir etwas mehr Ruhe gegeben und vor allem die Sicherheit, dass das, was ich da mache, tatsächlich das Richtige ist. An dieser Stelle nochmals ein dickes Dankeschön an einen lieben Freund, ohne den ich gar nicht wüsste, dass es sowas wie PSNV gibt. Er hatte da genau den richtigen Gedanken und ich fühle mich in dem Bereich gut aufgehoben und angekommen.

Ich stelle jedoch fest, dass ich in den letzten Tagen etwas stiller geworden bin. Normalerweise bin ich ja ein doch sehr extrovertierter Mensch, erzähle gern und viel und bin auch gern mal etwas laut. Ich habe selbst gemerkt, dass mein Sprachstil sich verändert hat. Ich bin leiser und etwas langsamer geworden. Man könnte es bedächtig nennen, aber ich finde, das Wort passt nicht so ganz. Ich führe es darauf zurück, dass mein Gehirn grad für mich alles sortiert und dafür die Energie braucht, die ich sonst eher nach außen gebe. Ich denke nicht bewusst darüber nach, was diese Ausbildung bei mir auslöst, aber ich spüre, dass da was passiert. Und es fühlt sich nicht negativ an. Es ist also nicht schlimm, sondern ein normaler Prozess, der da grad von statten geht.

Ich hatte heute kurzzeitig das Gefühl, dass ganz langsam alle Teile an ihren Platz fallen, wo sie hin müssen. Aber ich denke, das ist noch zu früh. Es fehlen noch zwei Seminartage und die Prüfung am Samstag. Ich schätze, die letzten beidem Tage werden auch nochmal Dinge mit mir tun, vielleicht aber nicht in dem Ausmaß wie die vergangenen Tage.

Ich bin gespannt, was noch mit mir passiert.

Möchtest Du Tee? – oder: Warum nein auch wirklich nein bedeutet

Grad weil ich gestern eine echt nicht schöne Begegnung mit jemandem hatte, der ein Nein nicht akzeptieren wollte und nun pissig ist, ist mir dieser Blogpost ein echtes Anliegen.

Nein heißt nein. Immer. Egal worum es geht. Wenn ich zu irgendwas keine Lust habe oder nicht möchte, sage ich nein. Und ich erwarte, dass das respektiert wird. Ohne Begründung. Ohne Nachfrage. Ohne weiteren Versuch, meine Grenze doch noch einzurennen. Ohne das Argument „Aber Du hast doch letztens noch gesagt…“. Nein heißt nein.

Es ist nicht in Ordnung, wenn ich nein sage, dann nach Gründen zu fragen, wenn ich keine nenne. Es ist nicht in Ordnung, mir irgendwelche wilden Unterstellungen zu machen, wenn ich nein sage. Und es ist nicht in Ordnung, deswegen sauer zu werden, weil ich meine Grenze ziehe.

Dazu ein kleines, aber sehr nachdrückliches Video, das mir eine Freundin empfohlen hat. Mehr gibts dazu nicht zu sagen.

 

Jahresrückblick? Jahresvorguck!!

Mein Jahr war definitiv sehr anstrengend. Für mich, aber auch für mein Umfeld. Mir sind sehr viele Dinge übel auf den Magen geschlagen, musste mit Dingen einfach irgendwie fertig werden und vieles von dem, was mir passiert ist, hat mich nachhaltig geprägt und beeindruckt.

Ich hab lang überlegt, ob und wie ich dieses Jahr meinen Jahresrückblick gestalte. Ich hatte hier einen Anfang geschrieben, versucht im Kopf einen zu formulieren, aber irgendwie war es nie ganz das Richtige. Mein derzeitiges Projekt für Silvester, das ich grade gestalte, gibt mir den nötigen Fokus und die Ruhe, meine Gedanken zu ordnen (während meine Wohnung im Chaos versinkt…).

Ich hab mich dazu entschieden, dieses Jahr keinen Rückblick im eigentlichen Sinne zu machen. Ich mag nicht auf etwas zurückblicken, das mir das Herz zerrissen hat. Ich mag mich nicht wieder und wieder daran erinnern, was dieses Jahr alles so unfassbar scheiße war und mich an den Rand des Zerbrechens gebracht hat. Aber ich möchte mich daran erinnern, was ich aus diesem Jahr alles gelernt habe und wie es mich geformt und verändert hat.

Ich bin ja davon überzeugt, dass das Leben einen nur vor die Herausforderungen stellt, die man auch bewältigen kann. Mein Leben hat mich dieses Jahr auf eine sehr harte Probe gestellt. Vieles ist nacheinander oder auch gleichzeitig über mich herein gebrochen und hat meine Fähigkeiten auf eine Weise geprüft, von der ich nicht dachte, dass ich das je irgendwie hinter mich bringen würde. Aber ich habe es geschafft. Nicht zuletzt, weil ich viele viele Menschen um mich herum hatte, die mich auf ihre ganz eigene Art unterstützt haben und einfach da waren. Viele gute Worte, Taten, Angebote etc waren dabei und ich bin sehr dankbar dafür. Ich habe gelernt (und lerne immer noch), dass ich mich in mein soziales Netz einfach fallen lassen kann. Ich werde aufgefangen und brauche mir keine Sorgen darüber machen, Andere mit meinen Sorgen zu behelligen. Daran kaue ich noch immer, weil mir das nicht leicht fällt. Aber ich arbeite dran.

Ich bin gestärkt aus all dem hervorgegangen und weiß nun, dass es kaum etwas gibt, was ich nicht schaffen oder bewältigen kann. Ich kann auf meine Fähigkeiten und Fertigkeiten vertrauen und brauche mich nicht verunsichern lassen (auch wenn das nicht immer leicht ist). Ich distanziere mich von Menschen, die mir nicht gut tun (ich muss wirklich nicht jedem hinterherlaufen) und kann weiterhin auf meine unerschütterliche Zuversicht bauen, dass sich alles so fügt, wie es muss und ich keine Angst vor Veränderungen haben muss. Ohne Veränderungen gibt es kein Wachstum und wenn sich und vor allem mich etwas verändert hat, dann das Jahr 2017.

Ich vertraue darauf, dass 2018 mich zwar auch wachsen lässt, aber ich hoffe, dass es nicht wieder so katastrophal wird wie dieses Jahr. Ich freue mich auf Veränderungen, auf die Menschen, die in 2018 auf mich warten. Auf die neuen Aufgaben und Herausforderungen, denen ich mich stellen darf. Und auf ein „Nach-Hause-Kommen“, was mir eine Herzensangelegenheit ist. Und wenn ich mir für das neue Jahr etwas wünschen darf, wünsche ich mir etwas mehr Ruhe in meinem Leben.

Ich danke all meinen Freunden und meiner Familie, dass sie in 2017 für mich da waren!!

Wer bin ich eigentlich?

Je mehr Ruhe man hat, desto mehr beschäftigt man mit sich selbst. Zumindest geht es mir so. Und ich habe festgestellt, dass ich diese Ruhepausen wirklich brauche.

Nachdenken, sortieren, hinterfragen, diskutieren… All das passiert in meinem Kopf, wenn ich mir bewusst ’ne Auszeit nehme. Vor allem kann ich, wenn ich zumindest ansatzweise für mich etwas gefunden habe, was mich ein Schrittchen weiterbringt, das wieder mit meinen engsten Freunden besprechen. Mit den einen kurz und knackig, mit den anderen lang und ausführlich. Und es ist immer wieder spannend, welche Perspektiven diese verschiedenen, mir sehr wertvollen Menschen mir so mitgeben. Das hilft mir dann wieder dabei, meine Dinge etwas objektiver zu betrachten.

Allerdings habe ich heute im Gespräch mit einem lieben Freund folgendes festgestellt: Ratschläge sind ja immer ganz gut, aber eine Entscheidung treffe ich am Ende doch immer selbst und auf Grundlage meiner Gedanken und Emotionen. Es macht schon etwas aus, wenn man sich das mal ziemlich bewusst vor Augen hält. Am Ende trifft man eine für sich passende Entscheidung. Und das Interessante an der Sache ist: es wird Leut geben, die das bejubeln und andere, die es nicht verstehen werden. Aber genau das ist der Knackpunkt. Niemand muss die Entscheidungen, die man selbst für sich und sein Leben trifft, nachvollziehen und verstehen können, außer man selbst. Man ist niemandem auch nur ansatzweise Rechenschaft schuldig für etwas, was jemand für sich selbst entscheidet. Außenstehende mögen das anders sehen, aber so wenig, wie ich mir in mein Leben reinreden lassen möchte, möchten das Andere.

Aber um auf den Hauptaspekt dieses Beitrags zurück zu kommen: ich hab heute viel reflektiert, viel nachgedacht und wurde von einer sehr teuren und treuen Freundin einmal auf den Hosenboden gesetzt. Ich mach das nicht oft, aber ich hab am Telefon geschrieen, fast geheult und mich mindestens zehnmal bedankt, dass sie da war. Sie sagte ‚Hab Vertrauen und entspann Dich‘. Beides Dinge, die ich mal so gar nicht kann. Geduld kann ich überhaupt nicht und Vertrauen ist eben auch so ’ne Sache…

Aber wie kam es dazu, dass ich mal auf den Boden geerdet werden musste: ich bin grade nicht ich selbst. Ich stehe neben mir, bin völlig neben der Spur und weiß grad überhaupt nichts mit mir und meinem Leben anzufangen. Mich haben einige Dinge ziemlich aus der Bahn gehauen. Einige davon recht frisch, andere wirken noch ziemlich heftig nach. Mir fehlt grade ein Anker und ich hab das Gefühl, zwischen den Extremen hin und her zu schwanken. Aufbrausend, sauer, traurig, ausgeflippt, fröhlich, zornig… Da ist so ziemlich alles dabei, was es so gibt. Und weil ich so zwischen den Extremen schwanke, schwanke ich auch in allen möglichen Entscheidungen. Hin, her, hin, her… Ich hasse mich grade selbst sehr dafür und ich kriege es nicht abgestellt. Dazu kommt dann noch mein Fatalismus, mit dem ich so ziemlich jedem inzwischen auf die Nerven gegangen bin, inklusive mir selbst. Es ist zum Schreien und heulen… und doch bin das ich… jede Ecke und Kante, jede Emotion, die ich grad durchlebe… mit denen ich meinem sozialen Umfeld grad furchtbar auf den Senkel gehe… alles ich. Ohne Maske oder Mauer. Pures ich. Ist das jetzt gut oder schlecht? Ich hab keine Ahnung… Vor allem aber ist es anstrengend. Für mein soziales Umfeld, aber auch und gerade für mich selbst.

Ich glaube, ich brauche einfach mal Urlaub…