Rückblicke – oder: warum Leben immer dann passiert, wenn wir es nicht erwarten

Erst kürzlich änderte ich mein Titelbild bei Facebook auf „Kurz mal nicht aufgepasst und – ZACK – biste glücklich“. Ja, das kann schnell gehen, wenn man es denn zulässt. Aber von vorne.

Der August ist für mich traditionell der Monat, in dem ich wieder mal zurückblicke auf das, was bereits hinter mir liegt. Vermutlich und vor allem deswegen, weil sich zum Ende des Monats das Älterwerden jährt. Normalerweise mache ich dann auch eine Streichliste, wie viele Tage es noch bis zum Tag X sind. Dieses Jahr jedoch nicht, weil ich sowieso weiß, wie viele Tage es noch sind und weil dieses Jahr mein Geburtstag anders sein wird.

In der Rückschau muss ich feststellen, dass es das Jahr 2017 nicht so sonderlich gut mit mir gemeint hat und mich auf einige harte Proben gestellt hat. Da war eine Trennung, die mich viel Energie gekostet hat, wobei ich sagen muss, dass das Ganze positiver ausgegangen ist, als ich erwartet hatte. Ich habe zwar einen Partner, mit dem ich fünf Jahre meines Lebens geteilt habe, verloren, habe aber dafür einen Freund gewonnen, der mich kennt und mit dem ich einen respektvollen und auch freundschaftlich-liebevollen Umgang pflege. Das ist nicht selbstverständlich und ich bin wirklich dankbar dafür.

Das negativste Ereignis, das mich nach wie vor viel Kraft kostet, mich immer wieder überrollt und einholt, einfängt, umfängt und nicht loslässt ist der Verlust meiner Mutter. Sie fehlt einfach. Und ich mag eigentlich gar nicht mehr schreiben, zumal sich das zum Großteil eh wiederholen würde und ich dazu schon so viele Worte verloren habe. Dieses Gefühl der Leere wird mich aber noch eine ganze Weile begleiten. Ich kann es nicht stopfen, sondern nur stumm ertragen. Und das gelingt mal besser und mal schlechter. Und was hat mein Geburtstag damit zu tun? Nunja, ich durfte viele Jahre meinen Geburtstag mit meiner Mutter teilen. Als Kind fand ich das furchtbar. Letztes Jahr, als meine Mama 70 wurde, bekam sie eine Überraschung und einen tollen Tag und nun bin ich das erste Mal allein. Ohne sie. Ich habe keine Ahnung, was passiert. Ich habe ein bisschen Angst vor dem Tag und hoffe, dass ich ihn heile überstehe.

Doch in jedem Negativen ist auch etwas positives, was mich nach vorn schauen lässt und das mir zeigt, dass das Leben zwar harte Prüfungen stellt, aber einem auch immer die Menschen an die Seite stellt, die man in dem Moment gerade braucht. Man findet Menschen einfach wieder und es ist, als hätte man sich nie verloren oder man findet einen Menschen, der einen das Leben einfach wieder als Geschenk ansehen lässt.

Ich glaube ja, ich darf einfach behaupten: das Leben ist schon ganz schön hart. Und manchmal hat man einfach keine Wahl und muss stark sein. Aufstehen, Krone richten und weitermachen. Aber es ist einfacher, so viel einfacher, wenn man die richtigen Menschen an seiner Seite hat. Ich habe nicht gesucht, aber gefunden. Und ich wurde reich belohnt.
Danke, dass es Euch gibt.

Was weh tut…

Es gibt Dinge, die passieren und gegen die man wenig bis nichts ausrichten kann. Da sind Gegenstände, die durch täglichen Gebrauch kaputt gehen. Das stimmt uns im ersten Moment vielleicht traurig, doch dann gibt es Möglichkeiten, sich einen Ersatz zu suchen.

Diese Möglichkeit bietet sich nicht bei Menschen. Zumindest für mich nicht.

Bestes Beispiel und für mich nach wie vor am präsentesten: der Verlust meiner Mutter. Es tut mir seelisch und sogar körperlich weh, wenn ich daran denke. Mir schmerzen Herz und Rücken und fast augenblicklich habe ich Tränen in den Augen, wenn ich an sie denke. Sie fehlt. Und wird es immer. Damit muss ich leben und lernen, damit umzugehen. 

Dann gibt es die Menschen, von denen man einfach so enttäuscht ist, dass im Grunde nichts anderes bleibt, als sie loszulassen, obwohl man eigentlich dachte, es gäbe eine gemeinsame Basis. Die Enttäuschung beruht dann auf Verhaltensweisen oder der Art von Kommunikation, die für mich einfach komplett nicht zum Gesamtbild passen, dass eine Dissonanz entsteht. Diese Dissonanz irritiert mich so sehr, dass für mich zwei Möglichkeiten bleiben, damit umzugehen: entweder versuche ich, diesen Menschen zu verstehen und die Dissonanz aufzulösen oder ich setze keinerlei Energie mehr ein und lasse los.

Der erste Fall tritt häufig dann ein, wenn ich glaube, dieser Mensch ist es mir wert, ihn besser zu verstehen. Dann suche ich Gespräche, versuche in kleinen Details Dinge zu erkennen, die Andere vielleicht nicht sehen und gebe mir Mühe, mich auf diesen Menschen einzulassen.

Der zweite Fall ist die Konsequenz, wenn ich merke, dass dieser Mensch von mir viel bekommt (Aufmerksamkeit, Beachtung, Respekt), davon aber nichts zurück kommt. Das ärgert mich auf einer sehr persönlichen Ebene. Nicht weil ich erwarte, genauso viel Energie zurück zu bekommen, wie ich gegeben habe, sondern weil die Dinge, die ich tue, als selbstverständlich angesehen werde. Vieles tue ich freiwillig und gern, weil ich Spaß dran habe und jemandem eine Freude machen möchte. Es macht mir nichts aus und ich freue mich, wenn sich jemand anders darüber freut. Wenn ich dann aber feststelle, dass nichtmal ein ‚Danke‘ kommt oder jemand irgendwas Gegeben sieht und voraussetzt, dass es da ist, ziehe ich mich zurück. Häufig geht das mit einer vorangegangenen Respektlosigkeit einher, die ich schlicht nicht bereit bin zu akzeptieren.

In solchen Fällen bin ich recht schnell weg. Das ist eine Konsequenz meines Selbstschutzes, aber vor allem auch des Respekts mir selbst gegenüber.

Ja, auch das tut weh. Sehr sogar. Für mich hängt an jedem einzelnen Menschen in meinem Umfeld eine persönliche Beziehung, die mir viel bedeutet. Diese Seile zu kappen verlangt mir viel ab, denn es ist für mich immer ein Abschied. Abschiede tun mir körperlich weh. Ich mag sie nicht und doch sind sie ein notwendiges Übel im Leben. Ich werde noch viele Abschiede vor mir haben, aber gewöhnen werde ich mich daran wohl nie.

Du siehst die leuchtende Sternschnuppe nur dann, wenn sie vergeht.

~ Christian Friedrich Hebbel ~