Wann singt Dein Herz?

Ich bin gerade auf Facebook über ein Posting gestolpert, das mich kurz innehalten ließ. Da war ein Foto von einem gelben Klebezettel mit der Aufschrift „Wann singt Dein Herz?“ und darunter eine Antwort von Barbara., einer Künstlerin, die ihre Statements in verschiedenen Städten verteilt. Die Antwort von Barbara. war nicht, was mich länger auf das Foto hat schauen lassen, sondern der gelbe Zettel war’s.

Ich glaube, es ist die Zeit wert, sich ein paar Gedanken darüber zu machen, wann das Herz singt. Dabei gibt es viele verschiedene Betrachtungsweisen. Den meisten Menschen würde vermutlich irgendwas fröhliches einfallen, was sie glücklich stimmt. Etwas, was gute Laune vermittelt und dafür sorgt, dass man sich besser fühlt. Lob und Anerkennung, Komplimente, ein Geschenk… Das sind sicherlich alles Dinge, die ein Herz zum singen bringen. Doch bei mir hat diese Frage etwas mehr ausgelöst. Mag mit meiner momentanen Situation zusammenhängen.

Ich liebe und lebe Musik. Mein Gesangslehrer meinte mal, ich sei so voller Musik, ich müsse es nur rauslassen. Ich habe festgestellt, dass meine Musik ganz eng mit meinen Emotionen zusammenhängt. Und dass meine Musik immer aus meinem Herzen kommt. Ich wage also mal zu behaupten, dass mein Herz immer singt. Aber eben nicht nur die fröhlichen Lieder, die glücklich stimmen, sondern auch die, die zum Nachdenken anregen. Oder die Lieder, die mich begleiten, wenn es mir schlecht geht. Oder wenn ich traurig bin.

Momentan ist es wohl so, dass mein Herz so viele verschiedene Melodien singen möchte, dass es heillos überfordert ist. Es bewegt sich viel in Kopf und Herz und ich habe schon den ganzen Tag Probleme damit, es in die Worte zu kleiden, die es auch nur annähernd beschreiben könnten. Mein Herz will singen, kann sich aber nicht zwischen den vielen Melodien entscheiden. Es wäre eigentlich eine merkwürdige Kakophonie aus verschiedensten Klängen. Aber sowas tut mein Herz nicht. Darum schweigt es. Und das ist seltsam.

Ich spüre, dass da grade unglaublich viel bei mir los ist und passiert, aber ich kriege es nicht sortiert und damit dann auch ausgedrückt. Zumindest nicht so, dass es mir grade hilft.

Ich bin weder religiös, noch sonderlich spirituell veranlagt, aber es gibt einen Spruch in der Bibel, den ich grade sehr passend finde: „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“ (Lukas 6,45).

Mein Herz ist grad übervoll und einige sehr wenige Menschen wissen, was grade in mir vorgeht. Allerdings auch nur so weit, wie ich es in Worte fassen konnte. Es will singen, doch es kann nicht. Vielleicht fehlt nur die richtige Melodie, um alles gebündelt zu erfassen. Und vielleicht finde ich sie irgendwann. Hoffentlich.

Prüfungen, spontane Entscheidungen und Larps

Was ’ne Woche. Da versemmelt man Dienstags eine Klausur (Druckbetankung funktioniert mit dem Gehirn einfach nicht), hat deswegen bis Mittwochs abends schlechte Laune, führt ein Zwei-Stunden-Telefonat mit einer lieben Freundin, die die Welt einmal wieder zurecht rückt, holt Donnerstags ein Paket mit Leinenstoff aus der Packstation, den man eigentlich am Wochenende verarbeiten wollte und entscheidet sich Freitags mittags dann dazu, am gleichen Abend noch auf ein Larp zu fahren.

Irre.

Ich glaube, ich habe Freitag eine meiner besten Spontanentscheidungen getroffen. Die Fahrt war zwar lang und ich bezahle grad mit Fieber und einer Erkältung, aber das Wochenende hat sich gelohnt.

Ich hab viele Gesichter wiedergesehen, die ich sehr lange nicht gesehen habe, habe mich über viele neue Bekanntschaften gefreut und vor allem über die sofortige Verbindung zu zwei Menschen, die ich nur flüchtig bzw. gar nicht kannte. Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie schnell man manchmal zu jemandem eine tiefe Verbindung aufbauen kann. Sofortiges Vertrauen, tiefgründige Gespräche und ein kleines Stück Berührung von Seelen. Wahnsinn!!

Am Schönsten war jedoch die Überraschung für jemanden, der mir sehr am Herzen liegt. Ich hatte nichts davon gesagt, dass ich komme. Leider hab ich den ersten Gesichtsausdruck nicht sehen können, denn als wir uns begegneten, war es dunkel und wir waren im Wald. Aber ich glaube, die Überraschung ist gelungen, zumal ich einen Anpfiff dafür kassiert habe, nicht schon vorher was gesagt zu haben. Wegen gleichem Zimmer und so.

Ich hatte unglaublich viel Spaß. Ich hab selten so viel gelacht wie dort und ein Dialog, der definitiv in die Annalen eingehen wird ist dieser:

Ich: Ich möchte über Gefühle reden.

M.: Über welche Gefühle möchtest Du denn reden?

Ich: Schniepelgefühle!

Schön war auch der Austausch des ersten Buchstabens bei Rosen und Hosen. So hatten wir plötzlich unglaublich viel Spaß mit dem Hosenkavalier, dem Rosenträger und nicht zu vergessen dem Hosenkohl. Wer mich kennt, kennt meinem Lachflash. Den hatte ich da. Und nicht zu knapp. Das mag auch an diesen unsäglichen Zuckerstangen mit Spritz-Pfefferminz gelegen haben, die wir beim Waldspaziergang genüsslich verspeisten.

Ich konnte Freitag Abend in der Taverne nach langen Jahren mal wieder als Bardin spielen. Es war großartig. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das jemals hätte vermissen können, weil’s doch echt anstrengend ist. Aber es war toll. Alrik, mein liebster Klampferich, hat gut durchgehalten und der Freitag Abend war einfach schön.

Der Samstag Abend war auch schön, aber aus anderen Gründen. Für ein bisschen Zeit mit einem Herzensmenschen setz ich mich gern ins Auto, lass mich als NSC verhauen, knicke noch doof mit’m Fuß um und schlepp ’ne Erkältung mit heim.

Aber das war es wert. Ich würde es jederzeit wieder tun!!

Stress, Prüfungen und irgendwas dazwischen

Stressphase. Aber voll.

Letzten Dienstag hab ich ein Modul an der FernUni erfolgreich abgeschlossen, da rase ich schon auf die nächste Prüfung zu: nächsten Dienstag schreib ich eine Klausur.

Die Lernerei stresst mich sehr und nervt, aber ich weiß ja, wofür ich das mache: irgendwann endlich mal fertig sein. Und sollte das mit der Klausur auch hinhauen und ich bestehe (was ich großartig fänd), könnte ich theoretisch mit meiner Bachelor-Arbeit loslegen. Wenn ich denn wüsste, worüber ich schreiben wöllte. Da bieten sich derzeit einige Möglichkeiten: Ein Theorievergleich anhand eines Beispiels (so wie in der mündlichen Prüfung), ich könnte das Thema aus meiner Hausarbeit im Bereich „Qualitative Forschungsmethoden“ nochmal aufgreifen und mit weiteren Experteninterviews einen Ländervergleich anstellen (ging um Humboldt und sein Bildungsideal, spannendes Thema, ich find Humboldt toll), ich könnte Luhmann zerpflücken (den ich auch echt interessant finde, obwohl der mich mit seinen Schlangensätzen fast um den Verstand gebracht hat), ich könnte ein Schulungskonzept für meinen derzeitigen Arbeitseinsatz entwickeln (wäre dringend nötig, die letzte Schulung war vom Typ „kann man so machen, aber dann isses halt kacke“) oder ich reihe mich in die Riege derjenigen ein, die etwas über Larp schreiben. Ginge sicher auch, allerdings fehlt mir da der konkrete Impuls. Vielleicht irgendwas über informelles Lernen und die ganzen Fähigkeiten, die man sich so aneignet, wenn man larpt.

Aber inmitten dieser ganzen stressigen Tage gönne ich mir bewusst Auszeiten. Das ist so wichtig und hilft mir sehr, mich wieder zu sortieren und mit frischer Energie weiterzumachen. So einen Tag hatte ich Sonntag. Ich hatte das Glück, ganz viel Zeit mit einem ganz wunderbaren Menschen verbringen zu können. Abschalten, den Alltag einfach mal Alltag sein lassen und entspannen. Das war großartig und tat mir einfach unglaublich gut. Solche Tage sind selten, doch umso mehr schätze ich sie und bin dankbar dafür. Und ich freue mich jetzt schon auf die Wiederholung.

 

In jede hohe Freude mischt sich
eine Empfindung der Dankbarkeit.
~ Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach ~

 

Alles zu seiner Zeit

Ich glaube ja, dass vieles einfach den richtigen Zeitpunkt braucht, damit es sein kann, wie es soll. Ein solcher Zeitpunkt war am Sonntag für mich.

Ich hätte nicht gedacht, dass sowas passieren könnte, zumal ich mit meinen Emotionen eigentlich recht gut umgehen kann (mit den meisten zumindest). Doch Sonntag war ich so neben der Spur, dass es mir extrem schwer fiel, mich zu sortieren. Dabei waren keinerlei äußere Umstände beteiligt, sondern mein persönliches Emotionsgefüge war einfach völlig durcheinander geraten.

Ich hab immer wieder gemerkt, dass mich in manchen Situationen meine Emotionen eingeholt und überwältigt haben. Das war irgendwie wellenartig und meistens ging es mir nach dem Zulassen besser. Doch dieses Mal war die Welle so groß, dass sie mich schlicht überspült hat. Ich hatte das Gefühl, erdrückt zu werden. Ich spürte tatsächlich körperlichen Schmerz und Druck und kriegte das weder kanalisiert noch anders zum Ausdruck gebracht. Sowas führt dann immer dazu, dass ich unsicher werde, dazu neige, mich zu verkriechen und anderen Leuten mit meinen Problemen nicht auf die Nerven gehen zu wollen. Etwas, was ich eigentlich besser wissen sollte, aber so manch altes Muster lässt sich doch nicht komplett einfach so abstreifen.

Ich war höchst angespannt, völlig nervös und total neben der Spur. Ich stand neben mir, merkte das aber nicht. Vor allem merkte ich nicht, wie sehr ich neben mir stand. Doch mein Denken ließ mich nicht ganz im Stich. Mein Gehirn offerierte mir zwei Optionen: verkriechen (und irgendwie weitermachen bis zum nächsten Kollaps) oder rauslassen (von dem ich erfahrungsgemäß wusste, dass das hilft). Ich habe mich für die zweite Variante entschieden.

Ich habe mich also ins Auto gesetzt und bin dorthin gefahren, wo ich schon sehr lange hätte hinfahren sollen: ich habe meine Mutter besucht.

Seit der Beerdigung im Mai bin ich nicht mehr dort gewesen. Und ich spürte einfach den Druck der Trauer, der raus musste. Zwei Stunden Fahrt plus eine Stunde, um den Ort wiederzufinden. Meine Mutter ist in einem Friedwald bestattet und leider ist die Karte des Waldes falsch lokalisiert (der ausgewiesene Standort ist nicht da, wo die Karte steht), dass ich erstmal falsch gelaufen bin. Aber ich habe meine Mutter dann gefunden. Und ich blieb eine Stunde dort.

Eine Stunde, die mir half, mir alles von der Seele zu reden, was darauf brannte und mich lähmte. Alle Sorgen, Nöte und Gefühle loslassen. Frei werden. Es war genau die richtige Entscheidung und im Nachhinein muss ich sagen, ich hätte schon viel früher da sein müssen.

Die Sorge um meinen Geburtstag erdrückt mich nun nicht mehr so sehr. Ja, weg ist sie nicht, allerdings ist das Gefühl ein anderes. Was vorher Angst und Befürchtung war, hat sich nun in etwas verwandelt, was man vielleicht am ehesten mit „gefasster Entschlossenheit, aber dabei traurig“ beschreiben könnte.

Sehr geholfen haben auch zwei Arme, für die ich so unendlich dankbar bin. Sie waren da, hielten mich und spendeten den Trost, den ich so dringend brauchte.

Ich bin sortierter, kann wieder klarer sehen und bin gewappnet für meinen Geburtstag, den ich dieses Jahr zum ersten Mal ohne meine Mutter bestreiten muss. Ja, ich bin traurig und ja, es tut weh. Aber ich bin nicht allein. Und das ist wichtig!

 

Rückblicke – oder: warum Leben immer dann passiert, wenn wir es nicht erwarten

Erst kürzlich änderte ich mein Titelbild bei Facebook auf „Kurz mal nicht aufgepasst und – ZACK – biste glücklich“. Ja, das kann schnell gehen, wenn man es denn zulässt. Aber von vorne.

Der August ist für mich traditionell der Monat, in dem ich wieder mal zurückblicke auf das, was bereits hinter mir liegt. Vermutlich und vor allem deswegen, weil sich zum Ende des Monats das Älterwerden jährt. Normalerweise mache ich dann auch eine Streichliste, wie viele Tage es noch bis zum Tag X sind. Dieses Jahr jedoch nicht, weil ich sowieso weiß, wie viele Tage es noch sind und weil dieses Jahr mein Geburtstag anders sein wird.

In der Rückschau muss ich feststellen, dass es das Jahr 2017 nicht so sonderlich gut mit mir gemeint hat und mich auf einige harte Proben gestellt hat. Da war eine Trennung, die mich viel Energie gekostet hat, wobei ich sagen muss, dass das Ganze positiver ausgegangen ist, als ich erwartet hatte. Ich habe zwar einen Partner, mit dem ich fünf Jahre meines Lebens geteilt habe, verloren, habe aber dafür einen Freund gewonnen, der mich kennt und mit dem ich einen respektvollen und auch freundschaftlich-liebevollen Umgang pflege. Das ist nicht selbstverständlich und ich bin wirklich dankbar dafür.

Das negativste Ereignis, das mich nach wie vor viel Kraft kostet, mich immer wieder überrollt und einholt, einfängt, umfängt und nicht loslässt ist der Verlust meiner Mutter. Sie fehlt einfach. Und ich mag eigentlich gar nicht mehr schreiben, zumal sich das zum Großteil eh wiederholen würde und ich dazu schon so viele Worte verloren habe. Dieses Gefühl der Leere wird mich aber noch eine ganze Weile begleiten. Ich kann es nicht stopfen, sondern nur stumm ertragen. Und das gelingt mal besser und mal schlechter. Und was hat mein Geburtstag damit zu tun? Nunja, ich durfte viele Jahre meinen Geburtstag mit meiner Mutter teilen. Als Kind fand ich das furchtbar. Letztes Jahr, als meine Mama 70 wurde, bekam sie eine Überraschung und einen tollen Tag und nun bin ich das erste Mal allein. Ohne sie. Ich habe keine Ahnung, was passiert. Ich habe ein bisschen Angst vor dem Tag und hoffe, dass ich ihn heile überstehe.

Doch in jedem Negativen ist auch etwas positives, was mich nach vorn schauen lässt und das mir zeigt, dass das Leben zwar harte Prüfungen stellt, aber einem auch immer die Menschen an die Seite stellt, die man in dem Moment gerade braucht. Man findet Menschen einfach wieder und es ist, als hätte man sich nie verloren oder man findet einen Menschen, der einen das Leben einfach wieder als Geschenk ansehen lässt.

Ich glaube ja, ich darf einfach behaupten: das Leben ist schon ganz schön hart. Und manchmal hat man einfach keine Wahl und muss stark sein. Aufstehen, Krone richten und weitermachen. Aber es ist einfacher, so viel einfacher, wenn man die richtigen Menschen an seiner Seite hat. Ich habe nicht gesucht, aber gefunden. Und ich wurde reich belohnt.
Danke, dass es Euch gibt.